BELLEALLIANCE #1
WATERLOO
Silke Marohn & Youssef Tabti
6. April – 9. Mai 2019
Nach
dem Abschluss der Soloreihe startet die Galerie der Villa mit der
Ausstellungsreihe BELLEALLIANCE, die sich in der lebendigen Bellealliancestraße
35 und dem Stadtteil im Schanzenviertel dem Thema zwischenmenschlicher
Verbindungen und Bündnisse widmet.
In vier aufeinanderfolgenden Ausstellungen werden jeweils zwei KünstlerInnen (ein/e GastkünstlerIn und ein/e KünstlerIn der Galerie der Villa, Werkstatt) gemeinsam ein Konzept erarbeiten, das die bunte Nachbarschaft bestehend aus privaten Haushalten und vielen kleinen Läden, Projekten und Gewerken wie Cafés, Restaurants, Friseursalons, Designagenturen u. v. m. kontaktiert, vernetzt und zur Einbringung einlädt.
Ende des Jahres 2019 ist eine abschließende Ausstellung an einem größeren Ort geplant, an dem die erarbeiteten Präsentationen der einzelnen Duos mit denen weiterer GastkünstlerInnen und KünstlerInnen der Galerie der Villa unter Einbeziehung von Nachbarschaft und Besuchern zusammenlaufen werden.
Erstes Duo und damit Auftakt der Reihe sind der eingeladene französische und in Hamburg lebende Konzeptkünstler Youssef Tabti zusammen mit der Installationskünstlerin der Galerie der Villa Silke Marohn mit ihrem gemeinsamen Projekt WATERLOO.
Die Bauzeichnerin und Architektin Silke Marohn, die sich in den letzten Jahren mit Malerei beschäftigt, verbindet Installation und Präsentationsfläche zu irritierenden Raumsituationen. Die ambivalent wirkenden Orte schwanken zwischen imaginärem Dekor eines vermeintlichen Raums und bildhauerischer, begehbarer Skulptur. Unter Verwendung verschiedenster Materialien integriert Silke Marohn einzelne Objekte modulartig in ihre Szenerien und hinterfragt die Funktionalität, Anwendung und den Ausstellungsort von Kunst.
Wichtige Projekte von Silke Marohn fanden 2016 in der Oberpostdirektion und in der Affenfaust Galerie in Hamburg und 2014 im Kunsthaus Hamburg statt.
Youssef Tabtis interdisziplinäre, oft kooperativ angelegte Projekte kreisen um gesellschaftliche Prozesse. In seinen, von der eigenen multikulturellen Herkunft geprägten Arbeiten, die sowohl Sound-, Raum- und Videoinstallationen, als auch Fotografie, Texte und performative Aktionen umfassen, setzt er zur kritischen Reflexion von Geschichte(n) in geopolitischen, post-kolonialen und gesellschaftlichen Umbruchsituationen Recherchemethoden der Kartierung und der Dokumentation ein.
Letzte Projekte von Youssef Tabti fanden 2018 im Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart in Berlin und im Goethe- Institut Beirut im Libanon statt.
Gemeinsam haben die beiden mit der Ausstellung WATERLOO eine Allianz geschmiedet, in der sie sich gegenseitig, gemeinsam und separat auf die Themen Krieg und Macht im ersten Raum, Krieg und Erotik im Gangsowie Krieg und die Helden im hinteren Raumbeziehen.
Sie
wenden sich damit Themen historischer wie aktueller Relevanz zu und spiegeln
zugleich das Verhältnis ihrer künstlerischen Arbeiten – ihres Bündnisses – wider.
Vor dem geschichtlichen Hintergrund[1] und
in Anlehnung an den Gasthof Bellealliance, der u.a. Napoleon in der Nähe der
Schlacht bei Waterloo als Hauptquartier diente, inszeniert das Künstlerduo eine
multimedial erfahrbare Rauminstallation zwischen Fiktion und Realität.
Was bewirkt die Konfrontation mit dem Themenkomplex Krieg bei uns, Themen, die gar nicht so weit entfernt bittere Realität sind? Was bewirkt es in uns, die wir hier in unserer Blase, unseren gentrifizierten Stadteilen leben? Lässt uns dies den Blick erweitern, den Umgang mit bzw. die eigene Meinung zu anderen Themen überdenken? Welche Themen könnten dies sein? Worauf kommt es an?
Was Sie hier sehen, ist das Ergebnis eines wechselseitig bezugnehmenden Prozesses der Künstlerin und des Künstlers während der vergangenen Wochen: So wie Youssef Tabti von der bisherigen ArbeitSilke Marohns begeistert ist und mit seiner Arbeit aus seiner Perspektive Bezug darauf nimmt, so antwortet Silke Marohn ihrerseits mit ihrer Arbeit und mit ihren Texten – die gleich im Anschluss von der Schauspielerin Christine Kutschera vorgelesen werden – auf die Stellungnahme Youssef Tabtis.
[1] Belle-Alliance (französisch „Schöne Verbindung“ oder „Schönes Bündnis“) ist die Bezeichnung eines ehemaligen Gasthauses, das Napoleon Bonaparte in der Schlacht bei Waterloo als Hauptquartier gedient hat. In der preußischen und deutschen Geschichtsschreibung wurde bis ins 20. Jahrhundert auch der Name „Schlacht bei“ oder „von Belle Alliance“ verwendet. Dies ist auf Blücher zurückzuführen, der schon in seinen Berichten am 21. Juni 1815 diesen Namen benutzte.
Man findet das Gebäude heute an der N 5 unweit von Plancenoit. An dieser Straße von Paris nach Brüssel steht es an einer Kreuzung mitten auf dem Schlachtfeld von Waterloo. Das Gebäude soll heute als Diskothek dienen, hat aber seinen historischen Namen nicht verloren. Diesen Namen hatte die Kneipe 1765 anlässlich der Heirat eines jungen Knechts mit einer alten Witwe erhalten.
Together, through the WATERLOO exhibition, they have forged an alliance in which they refer to each other—both mutually and individually—on the topics of war and power in the first room, war and eroticism in the corridor, and war and the heroes in the rear room.
They thus address topics of historical and current relevance, while reflecting
on the relationships between their artistic works, i.e. of their alliance, at
the same time
How does confronting these topic clusters related to war affect us—topics
that are bitter realities and are actually not so far removed from us? What
does it do to those of us who live here in our bubble, our gentrified
neighborhoods? Does this allow us to broaden our horizons, to rethink how we
deal with other topics or our own opinions? What topics could these be? What does
it all come down to?
What you see here is the result of a process of mutual referencing between Marohn and Tabti over the past few weeks. Similar to Youssef Tabti’s enthusiasm of Silke Marohn’s previous work and how he refers to it from his perspective through his work, Silke Marohn responds to Youssef Tabti’s position through her own artwork and texts, which will be read aloud by actress Christine Kutschera shortly. To find out how the details of how this worked out, you can talk to them tonight or you can come next week to the discussion with the artists on Thursday at 7 p.m., to one of the guided tours, or to the finissage.
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